Die europäische Integration und die Friedensgeschichte des Kontinents sind untrennbar verbunden. Gerade für viele Ältere, die den Krieg erlebt oder in den Trümmern des Krieges aufgewachsen sind, steht außer Zweifel, dass sie Frieden und Sicherheit der europäischen Einigung verdanken. Dennoch erleben wir in der sich verschärfenden sicherheitspolitischen Rhetorik, dass dieses kollektive Bewusstsein allmählich verblasst.  

Gerade für die jüngere Generation, die sich nach einer zukunftsfähigen, sicheren und solidarischen Weltordnung sehnt, braucht es eine Renaissance der Friedenspolitik. Diese Rolle können nicht Nationalstaaten, sondern nur ein geeintes Europa übernehmen. Das gilt insbesondere in Zeiten, in denen die Spannungen auch auf europäischem Boden zunehmen. Europa muss Verantwortung übernehmen in einer Welt, in der Hunger- und Armut herrschen, inder ein neues Wettrüsten beginnt und nationale Egoismen destabilisieren, auch als Friedensmacht.

Menschenrechte sind nicht verhandelbar – EU als Wertegemeinschaft

Frieden ist nicht nur die Abwesenheit von Krieg, sondern setzt auch ein selbstbestimmtes Leben und den Schutz von Menschenrechten voraus. Eine glaubwürdige Friedenspolitik braucht daher ein klares Bekenntnis zu demokratischen Werten. Europa muss Demokratie und rechtsstaatliche Prinzipien leben und verteidigen. Glaubwürdigkeit nach außen setzt aber auch Konsequenz nach innen voraus. Deswegen muss die EU bei der Verletzung von Presse-, Meinungs-, und Glaubensfreiheit, Frauenrechten und Gleichstellungsgrundsätzen innerhalb der Mitgliedsstaaten schneller und entschiedener Sanktionsmaßnahmen ergreifen und gleichzeitig die eigenen Strukturen stärker demokratisieren. Auch in den auswärtigen Beziehungen muss deutlich werden, dass Europa eine Wertegemeinschaft ist. Beim Aufbau wirtschaftlicher Beziehungen sind daher auch demokratische Standards, die Einhaltung von rechtsstaatlichen Prinzipien sowie die Umsetzung von Menschenrechten zu berücksichtigen.

Wir wollen ein Europa, das

  •  sich nach innen und außen klar zur Presse-, Meinungs-, Glaubensfreiheit,
     Gleichstellung und Frauenrechte positioniert.
  •  internationaler Abkommen zum Schutz dieser Werte vorantreibt.
  •  demokratische und arbeitsrechtliche Standards auch beim Aufbau wirtschaftlicher
     Beziehungen berücksichtigt.
  •  Frauenrechte in Entwicklungsländern stärker in den Fokus der
     Entwicklungszusammenarbeit stellt.

Globalisierung, aber fair

Europa muss sich dafür einsetzten, dass die fortschreitende Globalisierung für alle Menschen ein würdevolles Leben ermöglicht. Dabei sollen die Sustainable Development Goals als Maßstab dienen. Unsere Bemühungen in der Entwicklungszusammenarbeit müssen daher weiter ausgebaut werden. Jedoch müssen auch Handelsabkommen zwischen der EU und Drittstaaten soziale, ökologische und ökonomisch faire Rahmenbedingungen für Arbeitnehmer*innen schaffen.  Arbeitnehmer*innen-Rechte müssen gestärkt werden. Private Schiedsgerichte dürfen nicht zugunsten internationaler Konzerne Recht gegen die ärmsten Länder sprechen, wo dies unabhängige, öffentliche Instanzen tun sollten.  Wir wollen ein Europa, das

  •  sich weltweit für faire Löhne einsetzt und europäische Unternehmen auffordert, ihren
     Mitarbeiter*innen einen Lohn zu zahlen, der den ILO Standards entspricht
  •  sich weltweit für Arbeitsschutz nach europäischem Standard einsetzt.
  •  Gewerkschaften und deren Vernetzung im Wege der Entwicklungszusammenarbeit stärkt.
  •  hier ansässige Unternehmen fördert, (Aus-)bildungsprogramme in den ausländischen
     Industriestandorten, insbesondere in sog. Entwicklungsländer, zu etablieren.
     Europäische Unternehmen sollen in die Pflicht genommen werden, ihre Mitarbeiter*innen
     in Entwicklungsländern, in denen sie tätig sind, weiter- und auszubilden. Daher
     müssen sie geeignete Schulen und Schulungen für ihre Mitarbeiter*innen bieten.
  •  ab 2050 nur noch Produkte importiert, die den ILO-Standards für Fair-Trade- Produkte
     entsprechen.
  •  soziale und ökologische Standards in den Mittelpunkt multilateraler Handels- verträge
     stellt.
  •  für einen internationalen Handelsgerichtshof anstelle privater Schiedsgerichte
     eintritt.
  •  den derzeitigen Entwurf des Economic Partnership Agreements (EPA) mit afrikanischen
     Staaten durch eine Fassung ersetzt, die auch auf die entwicklungspolitischen
     Bedürfnisse der afrikanischen Partnerländer Rücksicht nimmt.


Für eine humanitäre und solidarische Einwanderungspolitik

Als Wertegemeinschaft muss Europa auch seine Einwanderungspolitik Prinzipien der Menschlichkeit und Solidarität unterwerfen. Gründe, die Flucht verursachen sind zu bekämpfen und nicht die Geflüchteten selbst. Als Kontinent, der schon immer von Völkerwanderungen/bewegungen und Migration betroffen ist und genau von dieser lebt, fördern wir eine Migrationspositive Politik, die nicht nur Asyl, sondern auch die Immigration nach Europa befürwortet, so wie es Europäer*innen durch ihren Pass in der Regel möglich ist weltweit sehr freizügig zu reisen und migrieren. Migration soll als Chance und Weiterentwicklung gesehen und behandelt werden und nicht als Bedrohung.  Zur Verhinderung von Fluchtursachen gehört die Stabilisierung von Krisenregionen genauso wie die Schaffung menschenwürdiger Lebensgrundlagen in den Fluchtländern. Keine Mauer wird Menschen aufhalten, die vor Hunger und Elend fliehen. Statt unmenschlicher Abschottung braucht es gezielte Förderpolitik und ein Asylrecht für solche die in der Heimat bedroht sind. In der Unterbringung und Versorgung angekommener Geflüchteter muss Europa solidarische Lösungen entwickeln statt die Verantwortung allein auf die Grenzstaatenabzuwälzen. Auch zur Entlastung der Asylverfahren müssen neben dem Asylrecht funktionierende Wege der Migration geschaffen werden. Sich in Europa eine wirtschaftliche Existenz aufbauen zu wollen ist ein legitimer Grund zur Immigration und ist eine Chance für Europas Zukunft. Wir wollen ein Europa, das

  • Migration als Chance, statt als Bedrohung begreift
  • Fluchtursachen statt Geflüchtete bekämpft.
  • die Mittel für den UNHCR erhöht.
  • die zivile Seenotrettung fördert statt blockiert und staatliche Seenotrettung
     ausbaut.
  • das Dublin III Abkommen abschafft und durch ein solidarisches System zur Verteilung der Kosten der Unterkunft und Versorgung von Geflüchteten, das den Geflüchteten die freie Wohnortwahl ermöglicht.
  • legale Migration jenseits des Asylrechts ermöglicht.

Verantwortung für das globale Klima übernehmen
Klimaveränderungen und sich verschlechternde Umweltbedingungen destabilisieren viele Regionen der Welt. Mehr Sicherheit und eine friedliche Welt kann es daher nur geben, wenn Klima und Umwelt nachhaltig geschützt werden. Als zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt trägt Europa hier mit seinen Produktionsbedingungen und Umweltstandards eine besondere Verantwortung für die Bedingungen auf dem gesamten Globus. Deswegen ist es auch an Europa die Wende zu einer nachhaltigen Industriepolitik vorzunehmen, die soziale und ökologische Lebensgrundlagen schützt. Europa darf in keinen Wettbewerb um die niedrigsten Umweltstandards eintreten, muss den eigenen Ressourcenverbrauch senken, den Ausstieg aus Kohle und Öl fördern und das weltweite Innovationszentrum für alternative Formen der Antriebe und Energiegewinnung werden. Wir wollen ein Europa, dass

  •  im globalen Wettbewerb mit hohen Umweltstandards vorangeht.
  •  den CO2-Zertifikatehandel schärfer reglementiert und die Schadstoffausstöße weiter
     einschränkt.
  •  aus den fossilen Energieträgern aussteigt.
  •  die Bremsklötze für die Energiewende bspw. in Form von investitionsfeindlichen
     Ausschreibungsmodellen entfernt und die Hürden für öffentliche Subventionierung
     senkt.
  •  alternative Antriebstechnologien und Energiegewinnung durch Forschungsförderung
     unterstützt.
  •  in der globalen Klimadiplomatie mit gutem Beispiel vorangeht.

Diplomatie statt Wettrüsten
Die neue Wettrüstungsspirale braucht eine diplomatische Antwort. Für ein starkes außenpolitisches Gewicht muss Europa selbst aber mit einer Stimme sprechen. Dafür braucht es auch Reformen in der inneren Organisation. Das schließt den Verzicht auf das Einstimmigkeitsprinzip bei außenpolitischen Entscheidungen genauso ein wie die Weiterentwicklung der hohen Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik zur europäischen Außenministerin. Anspruch der EU muss es sein, einen Sitz im Sicherheitsrat zu beanspruchen. Dabei ist der Vorrang für Diplomatie kein Widerspruch zur Sicherung militärischer Funktionsfähigkeit. Dafür muss Europa aber die Rufe nach höheren Rüstungsausgaben mit besserer militärischer Koordinierung und Kooperation zwischen den Mitgliedsstaaten beantworten. Wir wollen keine pauschale Erhöhung von Rüstungsausgaben. Die Rüstungsausfuhr bedarf engerer Grenzen. Im Grundsatz darf es keine europäischen Rüstungsexporte an Staaten jenseits der Europäischen Union, der NATO und des Staates Israel geben. Nach der Aufkündigung des Washingtoner Vertrages über nukleare Mittelstreckensysteme (INF) durch Russland und die USA muss sich Europa für ein neues globales Abrüstungsregime einsetzen. Wir wollen keine neuen und langfristig gar keineAtomwaffen auf europäischem Boden!

 Wir wollen ein Europa, dass

  •  außenpolitisch handlungsfähig ist und das Einstimmigkeitsprinzips bei außenpolitischen Entscheidungen abschafft.
  •  mit einer Stimme in der Welt auftritt und die hohe Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik zu einer europäischen Außenministerin weiterentwickelt.
  •  einen Sitz im UN-Sicherheitsrat hat.
  •  Rüstungsausgaben nicht pauschal erhöht.
  •  militärisch enger kooperiert und Ressourcen in einer europäischen Armee bündelt.
  •  Rüstungsexporte weiter einschränkt und Ausfuhren außerhalb der EU, NATO und Israel
     und für Kleinwaffen generell verbietet.
  •  kein militärisches Gerät in Krisenregionen ausfährt sondern durch Friedensmissionen
     zur Gewaltprävention und Friedensförderung beiträgt.
  •  die Kapazitäten zur Konfliktprävention ausbaut. Der European External Action Service 
      (EEAS) soll die Mediationsbemühungen der EU-Mitglieder besser bündeln und
     koordinieren können, um in gewaltsamen Konflikten gemeinsam zu intervenieren.
  •  sich nach dem Scheitern der INF-Verträge für ein globales Abrüstungsregime und für
      ein atomwaffenfreies Europa einsetzt.