Der ländliche Raum ist in besonderem Maße vom demografischen Wandel betroffen. In Hessen lebt ein Großteil der Bevölkerung im sog. ländlichen Raum bzw. in sog. Mittelzentren. Durch den dort verstärkt auftretenden Wegzug junger Menschen ist der Anteil älterer und hoch betagter Menschen im ländlichen Raum bereits jetzt gegenüber den Ballungs- und Oberzentren überdurchschnittlich. Schon jetzt leben 30% der älteren Menschen im ländlichen Raum alleine ohne einen Partner oder eine Partnerin. Die Familie als Ort sozialer Bindungen und der sozialen Fürsorge füreinander wird nachhaltig schwächer werden. Durch die verheerende kommunale Finanzpolitik in Hessen im vergangenen Jahrzehnt wurde der ländliche Raum besonders benachteiligt. Dorfgemeinschafthäuser, Verwaltungsaußenstellen und ehrenamtliche Initiativen sind allzu oft Gegenstand von außen erzwungener Sparmaßnahmen. Gleichzeitig stehen dort zahlreiche Wohnungen und Häuser leer, Dorfzentren veröden. Die gesundheitliche Versorgung mit Haus- und Fachärzten steht auf dem Spiel.

Maßnahmen zur Gestaltung des demografischen Wandels kommen dort verspätet oder gar nicht an.  Der ländliche Raum darf nicht zurückgelassen werden. Er ist Heimat für viele Menschen, Keimzelle gesellschaftlichen Miteinanders und elementar für das Lebensgefühl der Hessinnen und Hessen. Gleichzeitig ist der ländliche Raum ein Pfund mit dem man in Hessen wuchern kann: Junge Familien schätzen Ruhe, Sicherheit und Beschaulichkeit, Touristische Attraktivität findet in Hessen überproportional im ländlichen Raum statt und Älter muss überall in Hessen bei gleichen Lebensbedingungen möglich sein. 

Die Jusos Bergstraße fordern einen Masterplan, um den demografischen Wandel im ländlichen Raum in Hessen zu gestalten.

Dieser soll beinhalten:

  • Eine Offensive um nicht genutzten Wohnraum im ländlichen Raum sinnvoll zu nutzen. Hierzu gehört Unterstützung für private Eigentümer um Umbaumaßnahmen zu Barrierefreiheit oder auch eine Fassadenneugestaltung zu finanzieren. Die Programm der KfW zur energetischen Sanierung müssen erhalten bleiben. Ebenso müssen Kommunen in die Lage versetzt werden, Wohnraum durch den Kauf von Belegungsrechten selbst erwerben und vermarkten zu können
  • In besonderem Maße ist eine Stärkung der Dorfzentren erforderlich. Daher muss das Land Hessen in seinen Förderprogrammen wie „Stadtumbau Hessen“ den ländlichen Raum besonders beachten. Bauliche Nachverdichtung im Ortskern soll besonders gefördert werden, um eine Zersiedelung der Mittelzentren und Dörfer zu verhindern. Besonderen Wert muss auf Maßnahmen gelegt werden, die die Barrierefreiheit im öffentlichen Raum erhöhen.
  • In vielen Gemeinden und Dörfern fehlen mittlerweile Supermärkte und Nahversorger. Daher sind Modelle wie die Bonusmärkte, die gezielt dort mit dem Ziel einer „schwarzen Null“ eröffnen, wo sonst kein Supermarkt eröffnet, wichtig. Sie müssen stärker bekannt gemacht werden. Diese Märkte stellen zudem Menschen ein, die auf dem sog. ersten Arbeitsmarkt sonst keine Chance hätten. Kommunen müssen jedoch Bürgschaften und Garantien zum Erreichen der „schwarzen Null“ übernehmen. Hierbei muss das Land Hessen unterstützend tätig werden.
  • Um auch Freizeitnutzung im ländlichen Raum zu erschwinglichen Preisen ermöglichen zu können, fordern wir eine Sonderförderung des Landes Hessen für Schwimmbäder aus originären Landesmitteln
  • Dorfgemeinschaftshäuser müssen erhalten bleiben. Ihre Modernisierung muss besonders gefördert werden.
  • Ebenso müssen Verwaltungsaußenstellen erhalten bleiben und in ihren Kompetenzen gestärkt werden. Ergänzt werden muss dieser von einer E-Government-Offensive. Mehr Leistungen der kommunalen Verwaltungen müssen online verfügbar sein.
  • Dem Vorbild des Kreises Bergstraße folgend sollen Landkreise und Städte und Gemeinden flächendeckend für jede kreisangehörige Kommune die Möglichkeit eröffnen, WLAN-Hotspots zu errichten.
  • Die Bundesregierung ist im Besonderen gefordert, weiße Flecken im Breitbandnetz insbesondere im ländlichen Raum durch Zuschüsse zu sichern und das Marktversagen in diesem Segment zu beenden.
  • Zur Sicherung der hausärztlichen Versorgung sind neue Wege erforderlich. Gemeindeschwestern, Ärtzehäuser oder Vorteile bei der Studienzulassung für Studierende im Fach Humanmedizin insofern sie sich verpflichten, Hausarzt im ländlichen Raum zu werden, sind besonders gut geeignete Wege. Ebenso sollen Kommunen die Möglichkeit erhalten, selbst vor Ort aktiv zu werden: Gemeinden sollen Ärzte anstellen und mit einem sicheren Jahresgehalt ausstatten können. Ebenso sollen nach dem Vorbild des Vogelsbergkreis Stipendien eines Landkreises für Studierende, die sich anschließend als Arzt im ländlichen Raum niederlassen wollen, auch durch das Land gefördert werden.
  • Das Ehrenamt im ländlichen Raum kann niemand ersetzen. Darum muss es in seiner ganzen Bandbreite von Feuerwehr bis zum Sportverein besonders gefördert werden.
  • Das soziale Netz im ländlichen Raum ist besonders gefordert. Darum müssen flächendeckend Initiativen wie Seniorenbegleiterinnen und –begleiter oder SINAH (Senioren sicher nach Hause) müssen ausgebaut werden.
  • Mobilität im ländlichen Raum muss erhalten bleiben und ausgebaut werden. Haltestellen müssen barrierefrei ausgebaut werden, der ÖPNV in den Abendstunden ausgeweitet werden. Bahnhöfe im ländlichen Raum dürfen nicht weiter gestrichen werden, im Gegenteil: Insbesondere Bahnhofsgebäude und –umfelder sind bereits heute in einem traurigen Zustand. Darum muss der Bund sein Sonderprogramm für fahrgastschwache Bahnhöfe aus dem vergangenen Jahr erneut auflegen und deutlich ausweiten. Schienennetze müssen gepflegt und erhalten werden. Der barrierefreie S-Bahn-Ausbau muss fortgesetzt werden.

Begründung: Erfolgt mündlich.